Serie "Chance Digitalisierung: #gemeinsamFürDigitalisierung"
Teil 2: "Digitalisierung in den Berufsschulen"
Ein Bericht von Klaus Kordesch (IHK Lahn-Dill/LahnDill Wirtschaft, S.36f)
Das „Dillenburger Modell 2.0 - 3D-Drucker, ActivePanels und Industrie4.0-Lernfabrik machen fit für die Zukunft
Die Digitalisierung hält unaufhaltsam Einzug in die Arbeitswelt. Bei der Ausbildung der künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unternehmen sind deshalb in besonderem Maße die berufsbildenden Schulen gefordert. Exemplarisch stellen wir heute die Gewerblichen Schulen des Lahn-Dill-Kreises in Dillenburg (GSD) beziehungsweise die Zielsetzung der Schule als Kompetenzzentrum Digitalisierung/Industrie 4.0 und das „Dillenburger-Modell 2.0“ vor (weitere Schulen folgen).
Das dreistufige Industrie4.0-Konzept umfasst in der Stufe 1 die Grundlagen der Steuerungs-, Regelungs- und Automatisierungstechnik für die Ausbildung in den Elektro- und Metallberufen sowie im Weiterbildungsangebot der Fachschule für Technik. Als Lernträger dienen einfache Transfersysteme mit leicht verständlichen Übungsboards und einzelnen CPS-Stationen (Cyber Physical Systems). Dabei bekommen die Lernenden vermittelt, dass die erlernten Grundlagen notwendige Bestandteile der Gesamtanlage sind, denn die verwendeten Einzelkomponenten sind Bestandteile der komplexen connectedFactory CPS-i4.0 in der Stufe 2. Hier wird die Vernetzung der Einzelkomponenten vermittelt, zum Beispiel Identifikationstechnologien wie RFID und OPC-UA Kommunikation. Das Zusammenspiel der einzelnen, aus der Stufe 1 bereits bekannten Komponenten und CPS-Stationen steht im Focus und es entsteht ein vollständiger Produktionsprozess, der optional auch mit einem echten MES (Manufactoring Execution System) gekoppelt werden kann.
Die Stufe 3 veranschaulicht schließlich die praktische Umsetzung der digitalen Produktion in einer weiteren, sehr komplexen CP-Factory (Cyber Physical Factory) auch Lernfabrik 4.0 genannt, wie der für den Bereich „Technik / Industrie 4.0“ zuständige Abteilungsleiter Studiendirektor Burkhard Schneider erläutert: „Um möglichst nah an der Lebenswirklichkeit unserer Schüler zu bleiben, haben wir dafür die Montage eines Smartphones gewählt“, sagt er. Nach der Bestellung über ein MES-System, werden die Handyschalen – komplett digitalgesteuert – aus dem Hochregallager zu einem simulierten Bohrvorgang befördert, bevor mittels eines Sechs-Achs-Roboters eine Platine und Sicherungen montiert sowie die Schalen zusammengefügt werden. Das fertige Produkt findet schließlich seinen Weg zurück ins Hochregallager. „Die Schüler erfahren so Industrie 4.0 ganz realistisch und werden auf den Fabrikarbeitsplatz der Zukunft vorbereitet“, zeigt Burkhard Schneider in der Industrie4.0-Lernfabrik. Weiter stellt er heraus, dass nur im Zusammenspiel der Inhalte der Elektro- und Metalltechnik sowie in der Teamfähigkeit der unterrichtenden Lehrkräfte die Vermittlung der komplexen Industrie 4.0-Inhalte in den beruflichen Schulen erfolgreich sein wird. „Der IT-Technik kommt im Gesamtkontext Industrie 4.0 eine entscheidende Bedeutung zu“, so Burkhard Schneider.
Finanziert hat die komplexe CP-Factory neben dem Schulträger und dem Förderverein der Beruflichen Schulen Dillenburg größtenteils die Firma Rittal, deren Mitarbeiter sich gemeinsam mit Lehrkräften der Gewerblichen Schulen Dillenburg weiterbilden. Zudem hat die Carl Cloos Schweißtechnik GmbH gemeinsam mit der IHK Lahn-Dill die Roboterzelle Qirox Robot Factory zur Verfügung gestellt. „Die Lehrkräfte unserer Schulen werden zum Thema Robotik bei Cloos geschult, und Mitarbeiter von Cloos fungieren als Dozenten im gemeinsamen Kurs von IHK und GSD“, schildert Schneider diese herausragenden Beispiele für gelungene Lernortkooperation.
Zunehmende Bedeutung gewinnt auch die 3D-Drucktechnologie, die digitales Design beispielsweise mittels eines CAD-Programms in ein reales Objekt übertragen kann. So lassen sich Austausch- oder überarbeitete Versionen eines Produktes für den Nutzer passend herstellen. „Der Einsatz der Geräte wird daher zukünftig nicht mehr nur beschränkt sein auf die technische Aus- und Weiterbildung in den genannten Berufsfeldern, unterstreicht Schneider: „Die 3D-Drucktechnik erhält zunehmend mehr Bedeutung in allen Bereichen unseres täglichen Lebens, zum Beispiel für den Austausch von Gegenständen des Alltags, die ausgedruckt werden können.“ Die 3D-Drucktechnik werde deshalb auch Bestandteil aller Bildungsangebote und Berufsfelder der Schule.
Modernste Technik hält indes auch in den Unterrichtsräumen Einzug: 86 Zoll große ActivePanels haben die konventionellen Kreidetafeln ersetzt. „Durch die Verknüpfung der ActivePanels mit einer geeigneten Tafel-Software ist es den Lehrkräften nun möglich, digitale Arbeitsblätter zu erstellen, die zum Beispiel ergänzende Erklärvideos oder die Verlinkung lernbegleitender Internetseiten beinhalten.“ wie Schneider erklärt. Und damit nicht genug: „Diese Aufgabenstellungen können dann im Unterricht bearbeitet und weiterentwickelt werden und durch die Einbindung einer Cloud in Echtzeit auf den Endgeräten der Schülerinnen und Schüler abgerufen und genutzt werden.“ Die Unterrichtsplanung und Durchführung erfolgen mit Hilfe der Geräte, also in einer vernetzten Lernumgebung, und auch das bereitet sie optimal auf ihre berufliche Zukunft vor.
Dem trägt auch die Einrichtung im Neubautrakt der GSD Rechnung: 14,2 Millionen hat der Lahn-Dill-Kreis in das innovative Gebäude, in dem sich die Industrie 4.0-Aussattung befindet, investiert. Hier finden sich Kommunikationszonen mit Stehtischen, Sitzecken und offenen Lernzonen, wo die Schüler einen Raum für kreativen Austausch haben. „Auch in der Fabrik der Zukunft muss es solche Räume geben“, ist sich Schneider sicher, „denn wenn die Arbeit anspruchsvoller und teamorientierter wird, dann benötigen die Mitarbeiter auch Räume für eine inspirierende Zusammenarbeit.“ Er geht sogar noch weiter und fragt: Warum sollte nicht auch in einer Fabrik ein Tischkicker stehen? „Moderne Arbeitswelten können auch bedeuten, dass in der Produktionshalle ein Fitness-Studio eingerichtet wird“, findet er. Klaus Kordesch
Studienrat Benjamin Krau arbeitet bereits wie selbstverständlich im Unterricht mit den ActivePanels (86 Zoll große Touch-Displays) (Foto: Klaus Kordesch)
Schon seit 2013 wird in den Gewerblichen Schulen Dillenburg mit einem professionellen Gerät 3D-Druck erstellt und die notwendigen Fachkenntnisse dazu vermittelt. Nun sind weitere sieben 3D-Drucker hinzugekommen. (Foto: Gewerbliche Schulen Dillenburg) Studienrat Jens Thielmann der an den GSD den Bereich der 3D-Drucktechnologie betreut.
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