Magdalena Schmidt arbeitet als Respekt-Coach an den Gewerblichen Schulen in Dillenburg
Andere Meinungen aushalten ...
Von Frank Rademacher auf mittelhessen.de
DILLENBURG. Die Coaching-Zone kennen Sportler schon länger. In dem markierten Areal gibt der Trainer die entscheidenden Anweisungen, wie die gegnerische Mannschaft doch noch besiegt werden kann. In der Coaching-Zone der Gewerblichen Schulen in Dillenburg gibt, um im Bild zu bleiben, eine Frau den Ton an: Respekt-Coach Magdalena Schmidt.
Ein großes Grafitti "Respekt" ziert das Büro von Respekt-Coach Magdalena Schmidt in den Gewerblichen Schulen in Dillenburg
Die gebürtige Nanzenbacherin, die jetzt in Eibach wohnt, bringt als Ethnologin, Islamwissenschaftlerin sowie Friedens- und Konfliktforscherin nahezu ideale Voraussetzungen für den Job mit. Und der hat es in sich, geht es doch um nicht weniger als den Wandel der Wertegesellschaft und ein friedliches Miteinander – dagegen wirken der Kampf um den Klassenerhalt oder die Meisterschaft nebensächlich.
Corona-Pandemie sorgt für zusätzliche Probleme
„Lass uns reden“, lautet das Motto der Respekt-Coaches, das zugleich so etwas wie ein Arbeitsauftrag ist, der durch die Corona-Pandemie noch einmal vor zusätzliche Probleme gestellt worden ist. Und so geht es Magdalena Schmidt zuallererst darum, mit möglichst vielen Schülern ins Gespräch zu kommen.
Das Ziel ist nicht nur der Respekt gegenüber den Lehrkräften, sondern auch der untereinander. Zuhören lernen und andere Meinungen aushalten können, so lassen sich zwei Fähigkeiten umschreiben, die im günstigen Falle mehr als nur ein erreichtes Saisonziel bleiben, wie Studiendirektorin Anna Schweitzer einleitend erklärte.
Die Coaching-Zone, in der auch an diesen Zielen gearbeitet werden soll, ist ein ehemaliges Klassenzimmer, das Schülerinnen und Schüler der Berufsfachschule im Übergang zur Ausbildung im Schwerpunkt Bautechnik zusammen mit Fachlehrer Burkhard Meuser umgestaltet haben. Der Raum bietet nun ein freundliches Ambiente für Gruppengespräche. In einem abgetrennten Bereich kann aber auch unter vier Augen über ganz andere Probleme wie etwa Prüfungsangst gesprochen werden. Denn die Arbeit von Magdalena Schmidt ist nur ein Teil der Beratungsangebote, die es an den Gewerblichen Schulen gibt. Die reichen von der Ausbildungsbegleitung über Suchtprävention und die Schulseelsorge bis zur Schullaufbahnberatung und Unterstützung bei Lese- und Rechtschreibschwächen.
In der Coaching-Zone: Schüler und Lehrkräfte freuen sich zusammen mit Karl Müßner (hinten, 3.v.l.) Respekt-Coach Magdalena Schmidt, Landrat Wolfgang Schuster und Schulleiter Jonas Dormagen über die neuen Räumlichkeiten. Fotos: Frank Rademacher
Als Teil einer Mannschaft verstehen
Letztere hätten in der Pandemie zugenommen, berichtete Schmidt anlässlich der Einweihung der Coaching-Zone. Überhaupt habe die mit Corona verbundene zeitweise Isolation die Jugendlichen gerade in einer schwierigen Entwicklungsphase getroffen, in der sie lernten, Grenzen auszutesten. Nun gehe es verstärkt darum, sich wieder als Teil einer Mannschaft zu verstehen, Sozialkompetenzen zu erwerben.Zugleich geht es Schmidt darum, einer möglichen Radikalisierung vorzubeugen. Da stellten die Sozialen Medien eine enorme Gefahr dar. Entsprechende Gefährdungen zu erkennen, sei deshalb extrem wichtig.
Mitunter, und verstärkt durch die Corona-Beschränkungen, fehle den Schülerinnen und Schülern dafür der Austausch und die Regulierung durch die Gruppe wie die Klassengemeinschaft. Um besser gewappnet zu sein, will Schmidt die Schüler auch stärken, sie in die Lage versetzen, die eigene Position sicher und entschieden vertreten zu können. Zugleich aber sollen sie dies mit der nötigen Toleranz gegenüber anderen Haltungen und Meinungen tun.
Diakonisches Werk unterstützt die Schule
Schmidt will dies schaffen, indem sie selbst aktuelle Themen aufgreift, Theaterworkshops und erlebnispädagogische Projekte anbietet. Neben den eigenen Angeboten sollen aber sowohl die Lehrkräfte als auch die Schülerinnen und Schüler Themen vorschlagen. Die „Trainingsarbeit“ kann außerhalb der Schulzeit oder in Stunden, die Lehrer dafür zur Verfügung stellen, stattfinden.
„Als wir in dem Alter waren, gab es das nicht“, erinnerte Landrat Wolfgang Schuster (SPD) an eine Zeit, in der es nach dem Eintrag des Lehrers als Zugabe üblicherweise noch eine Ansprache im Elternhaus gegeben hatte. Er zollte der Schule zugleich seinen Respekt, sich dieser Aufgabe zu stellen: „Vielen Dank für die Mühe, die Ihr Euch macht“, sagte Schuster.
Unterstützt wird die Schule dabei vom Diakonischen Werk, das mit Bundesmitteln die Arbeit von Magdalena Schmidt finanziert. Karl Müßener, Leiter der Diakonie an der Dill, erinnerte an die seit 20 Jahren bestehende Zusammenarbeit mit den Gewerblichen Schulen. „Wir sind hier am richtigen Platz“, versicherte er.