Wanderausstellung „Vom Flüchtling zum Nachbarn – Portraits gelungener Integration“ im Rahmen der Europawoche
„Meine Rede für Europa – Greif nach den Sternen“ an der Europaschule, den Gewerblichen Schulen des LDK in Dillenburg
Die Schulgemeinde der Europaschule Gewerbliche Schulen des LDK in Dillenburg blickt voller Stolz und Freude auf die ehemaligen UMA's (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge), von denen alle ihre schulische Laufbahn und ihre ersten Deutschkenntnisse an den Gewerblichen Schulen oder in der Produktionsschule Neumühle in Erdbach begonnen haben oder eine Prüfung in den GSD absolvierten. Trotz anfänglicher Sprachbarrieren und kultureller Herausforderungen haben sie sich erfolgreich in einem neuen Land zurechtgefunden und sind nun alle gut im Lahn-Dill-Kreis angekommen.
Frau Astrid John, Abteilungsleiterin INTeA (Integration durch Anschluss und Abschluss), begrüßte die beiden Portraitierten Frau Fatima Omar und Herrn Ahmad Siyar Sarwari, die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Verbände und drei Klassen aus den Schulformen INTeA, BÜA und der Fachschule für Sozialwesen mit ihren begleitenden Lehrkräften und Sozialpädagoginnen herzlich und mit großem Respekt den Portraitierten gegenüber: „Neben den Schwierigkeiten, in einem anderen Land mit anderer Sprache und Kultur zu sein, kamen dann noch die schulischen Herausforderungen, wie Klassenarbeiten und Tests, aber auch Deutsches Sprachdiplom und die Hauptschulabschlussprüfung, mit schriftlicher und mündlicher Prüfung hinzu. Wenn wir uns vorstellen, eine solche Prüfung auf Arabisch oder Ukrainisch zu machen, bekommen wir vielleicht einen Eindruck von der Herausforderung. Und dann der erste Kontakt mit Betrieben: Praktika waren und sind immer ein wichtiger Bestandteil zum Verstehen von Deutschland und der erste Schritt zum eigenständigen Bestreiten des Lebensunterhalts, zu einem selbstbestimmten Leben. Gerade diese Praktika haben in vielen Fällen zu der Aufnahme einer Ausbildung in verschiedenen Bereichen geführt. An den Gewerblichen Schulen sind besonders viele Geflüchtete in den Beruf Maschinen- und Anlagenführer und in die Gastronomie eingemündet. Die portraitierten Geflüchteten haben bewiesen, dass man mit Beharrlichkeit und Fleiß sehr viel erreichen kann, wir sind sehr stolz auch euch, unsere ehemaligen Schülerinnen und Schüler.“
Im Anschluss sprachen Frau Katharina Pollok- Kauferstein und Linda Wünsche vom Caritasverband Wetzlar/ Lahn-Dill-Eder e.V. zum Publikum. Sie machten noch einmal deutlich, wie wichtig es ist, die „gelungenen Lebenswege“ in den Vordergrund zu stellen und luden alle Schülerinnen und Schüler herzlich ein, die Portraits zu betrachten, die Geschichten zu lesen und Fragen zu stellen. Die Begegnungen waren sehr gewinnbringend und bereichernd; gerade, weil es im Publikum viele mit eigener Fluchterfahrung gab. Es fand ein lebendiger Austausch, auch mit den beiden Portraitierten, statt und auch wurden viele Fotos an den Portraits – den echten Vorbildern- gemacht. Auch waren ehemalige Lehrkräfte und Sozialpädagoginnen gekommen, um in den Austausch mit den Portraitierten zu gehen.
Die Wanderausstellung „Vom Flüchtling zum Nachbarn – Portraits gelungener Integration", die zuvor mit großer Resonanz im Kreishaus in Wetzlar präsentiert wurde, ist nun bei uns an der Schule angekommen.
Die Ausstellung harmoniert perfekt mit dem Motto der diesjährigen Europawoche: „Meine Rede für Europa – Greif nach den Sternen". Sie illustriert die vielfältigen Chancen, die es in Europa gibt, und veranschaulicht die Ziele einer Europaschule: Wertschätzung kultureller Diversität, Respekt und Aufgeschlossenheit von Vielfalt.
Die Europawochen begannen erfolgreich mit einer Kleider-Tausch-Party, die bereits zum dritten Mal stattfand und erstmals in Zusammenarbeit mit den Kaufmännischen Schulen und erneut mit der katholischen Pfarrei in Dillenburg organisiert wurde. Auch sind Aktionen rund um die „Europawahl ab 16 Jahre 2024“aktuell in Planung. Dennoch ist die Wanderausstellung das Highlight unserer diesjährigen Europawoche, darüber sind wir uns einig.
Die Portraits in der Ausstellung sind für uns nicht nur Abbilder von Personen, sondern vielmehr Ausdruck von Wertschätzung und Achtung gegenüber den portraitierten Einzelpersonen. Wir möchten durch die Betrachtung dieser Portraits eine Sensibilisierung für das Thema Flucht sowie eine Förderung von Respekt und Empathie bei den Besuchern erreichen.
Frau Siggi Rischa, welche fünf der Porträtierten als Klassenlehrerin unterrichten durfte, reflektiert: „Die Erfahrungen, die ich durch die Begegnung und Begleitung von Flüchtlingen, insbesondere von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMAs), im Rahmen meines Unterrichts gemacht habe, haben mich als Mensch tief geprägt und meinen Blick auf das Thema 'Flucht' nachhaltig verändert. Die Menschen, die hier porträtiert wurden, waren unter den ersten, und ich bin unglaublich stolz auf sie."
Die zusätzlichen Workshops, geleitet von Herrn Muhyadin Abdilahi Abdi an zwei Tagen, bieten den Teilnehmergruppen die Möglichkeit, seine Fluchtgeschichte zu erfahren und gemeinsam gruppendynamische Erfahrungen zu machen. Dabei sollen die Teilnehmer erkennen, dass Vielfalt ein enormer Gewinn für uns alle ist.
Herr Muhyadin Abdilahi Abdi war selbst Schüler und Studierender in verschiedenen Bildungsgängen an unserer Schule, darunter in der Schulform INTeA, der BFS sowie der Sozialassistenz und Fachschule für Sozialwesen. Nach Abschluss seines Anerkennungsjahres ist er nun staatlich anerkannter Erzieher und arbeitet bei VITOS-Teilhabe in Herborn. Er vermittelt eindrucksvoll seine eigene Fluchtgeschichte und betont dabei, dass am Anfang oft nur das eigene Selbst steht. Er beschreibt auch die Geduld, die er aufbringen musste, um anzukommen. In Momenten von Heimweh und dem Vermissen seiner Herkunftsfamilie fand er Unterstützung durch einen Fußballverein und neue Freunde.
UMAs sind unbegleitete Minderjährige, die aus Krisengebieten der ganzen Welt ohne Erziehungsberechtigte kommen. Im Februar 2016 betreute die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland insgesamt 69.004 UMAs. Auch hier in LDK wurden viele UMAs in Wohngruppen von pädagogischen Fachkräften betreut.
Die ehemaligen Betreuerinnen stellten sich Fragen wie: „Was ist aus ihnen geworden? Wie sieht ihr Leben heute aus? Was denken sie über Deutschland und vor allem: Fühlen sie sich inzwischen als Nachbarin oder Nachbar oder noch als Fremde in unserem Land?" Diese Fragen dienten als Leitfaden für Interviews mit den ehemaligen UMAs, und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Neun Persönlichkeiten reflektieren ihren Weg und nehmen zu den genannten Fragen Stellung.
Die ehemaligen UMAs und jetzigen Nachbarn fungieren somit als Multiplikatoren und Vorbilder und können uns wertvolle Einblicke in ihre Lebensgeschichten geben, um uns zu sensibilisieren.
„Sie erzählen Geschichten vom Weggehen und Ankommen, von Heimweh und neuer Heimat, von Träumen und Zielen und wie man sie erreichen kann.“
Diese Geschichten sollen zusammen mit großformatigen Porträts unter dem Motto „Vom Flüchtling zum Nachbarn“ weiter auf Wanderschaft gehen. So haben möglichst viele Menschen die Gelegenheit, ihre Geschichten zu lesen und sich ein eigenes Bild davon zu machen, was es bedeutet, in einem neuen Land neu anzufangen.
Die Wanderausstellung wurde in einer Kooperation organisiert. Frau Christine Krauskopf vom KikuZ e.V. "Kultur für Kinder" erstellte die Texte aus Interviews, während Herr Thomas Kaulich die Portraits fotografierte. Das Projekt wurde unterstützt vom Caritasverband Wetzlar/Lahn-Dill-Eder e.V. durch Frau Pollok-Kauferstein und Frau Linda Wünsche, dem Deutschen Roten Kreuz von Frau Katrin Schwehn sowie dem St. Elisabeth Verein e.V. Marburg durch Judith Jungwirth und dem KiKuZ e.V.. Auch wurde die Wanderausstellung im Rahmen des Landesprogramms Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus und dem Lahn-Dill-Kreis.
Wir möchten dem Sekretariat und dem Schulbistro der GWAB unseren Dank aussprechen für die Bereitstellung von Kaffee, Getränken und den köstlichen, belegten Brötchen während der Ausstellungseröffnung. Ebenso möchten wir unseren Dank gegenüber der BÜA Gruppe SOW 2 zum Ausdruck bringen, die gemeinsam mit den Hausmeistern und den betreuenden Lehrkräften maßgeblich an der Aufstellung der Ausstellung beteiligt war.
Die Ausstellung ist bis zum 24. Mai unter vorheriger Anmeldung im Sekretariat der Schule auch für Interessierte geöffnet.
Katharina Dehmer